Fluglehrerin Andrea Zsifkovits

Gar nicht abgehoben diese Fluglehrerin

Andrea Zsifkovits war mit 15 Österreichs jüngste Flugschülerin. Heute ist die Südburgenländerin selbst Fluglehrerin.

4 Min.

Punitz Flugschule Andrea Zsifkovits © Erwin Muik

Wie bist du zur Fliegerei gekommen?

Andrea Zsifkovits: Ich bin quasi am Flugplatz in Schwechat aufgewachsen, mein Vater war selbst Pilot. Er stammt aus Stinatz und 1998 sind wir zurück ins Südburgenland gezogen. 2002 war ich die jüngste Flugschülerin Österreichs, damals war ich 15. Ich konnte also fliegen, bevor ich Autofahren konnte (lacht).

Die Flugprüfung machte ich aber erst später, denn ein Schicksalsschlag in der Familie – meine Mutter starb damals zu Weihnachten bei einem Autounfall – stellte mein Leben auf den Kopf. Es war ein Riesenschock, mein Vater stand plötzlich mit zwei pubertierenden Töchtern alleine da. Ich wohnte eine Zeit lang bei der Familie meines damaligen Freundes.

Wie ging es mit deiner Ausbildung weiter?

Meine Matura absolvierte ich im Gewerbegymnasium Güssing und hängte dann eine Doppellehre in Betriebselektrik und Elektroinstallationstechnik dran, aufgrund des speziellen Gymnasiums dauerte die Lehre nur noch ein Jahr, also war ich mit 19 fertig mit Matura und Doppellehre. Danach wollte ich unbedingt meinen Flugschein machen und zog wieder zu meinem Vater. Bei ihm habe ich die PPL (Privatpiloten-Lizenz) in Rekordzeit fertiggemacht.

Deine Biografie klingt furchtbar und bewundernswert zugleich …

Es war ein langer Leidensweg. Der Tod meiner Mutter war ein einschneidendes Erlebnis. Und die Fliegerei ist … Na ja, also fliegen tut jeder gern, aber der limitierende Faktor ist meist das Geld. Ich habe damals alles zusammengekratzt, damit ich meine Flugstunden zusammenbekomme.

Als ich es geschafft hatte, folgten einige Jobs als Pilotin bei verschiedenen Unternehmen. Doch die Erfahrungen dort waren leider nicht immer positiv, vor allem als Frau. In der Berufs-Fliegerei scheint oft alles schön glänzend, aber wenn man hinter die Fassaden schaut, ist es nicht immer so toll.

Flugschulleiter Reinhard Kremsner (Mitte) und Andrea Zsifkovits (3. v. r.) mit den sechs Flugschülerinnen, die derzeit ihre Ausbildung abschließen © Erwin Muik

Welche Erfahrungen hast du gemacht?

Ich war viel in Russland tätig und hatte oft mit alten Militärpiloten zu tun. Da galt meist der Leitspruch „Präpotenz statt Kompetenz“. Irgendwann hab ich den Hut draufgehaut. In einem Business­jet bist du Operator, da geht es hauptsächlich um die Optimierung von Abläufen. Aber das, was mein Herz erfüllt, ist das Handwerk des Fliegens. Deswegen entschied ich mich dann für „Back to the Roots“.

Als Fluglehrerin arbeite ich heute viel mit Menschen, auch das liebe ich. Und ich kann das Handwerk vermitteln. Als Lehrerin bin ich immer gefordert. Und die meiste Zeit verbringe ich zwar nicht so weit über dem Boden wie früher bzw. nicht so weit vom Flugplatz entfernt und muss sehr viele Starts und Landungen mitmachen – aber ich liebe es bis heute, es ist viel abwechslungsreicher als in einem Businessjet. Und ich kann mich bis heute nicht an der Perspektive von oben sattsehen. Nebenbei habe ich mich auch auf Kunstflug und Kunstflugausbildung spezialisiert.

Was fasziniert dich am Fliegen?

Die Flugzeugtür ist zu und die Welt ist in Ordnung. Es gibt keine Ablenkung, alles andere bleibt draußen. Ich habe das große Glück, meine eigene kleine Flugschule in Krems zu haben, wo ich Privatpiloten ausbilde – darunter viele VIP-Ausbildungen für Geschäftsleute –, und daneben helfe ich zehn Tage im Monat in der Flugschule „Punitzflug“ im Südburgenland aus.

Besonders freut es mich, dass ich dort immer mehr Frauen unterrichten darf. Die schlechten Erfahrungen, die ich damals als Frau in dieser Branche gemacht habe, gibt es heute in dieser Quantität zum Glück nicht mehr, das hat sich definitiv gebessert. Das Alte macht Platz für das Neue – und Sprüche, wie ich sie noch hörte, à la „Wenn Gott gewollt hätte, dass Frauen fliegen, hätte er den Himmel rosa gemacht“, gehören endgültig der Vergangenheit an und in Zukunft werden es hoffentlich immer mehr Frauen sein, die im Cockpit als Pilotinnen sitzen.

Kosten für eine Pilot*innen-Ausbildung in der Flugschule „Punitzflug“:

Jede Pilotin/jeder Pilot beginnt mit der PPL (Private Pilot Licence):
Ausbildungsdauer: 45 Mindestflugstunden und ca. 120 Stunden Theorie (die großteils online absolviert werden können)
Gesamtkosten: rund 12.300 Euro
Danach kann modulartig weitergemacht werden bis zum ATPL (Air Transport Pilote Licence) für Linien­pilot*innen. Die gesamte Ausbildung bis dorthin kostet rund 58.000 Euro.

www.punitzflug.at

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MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS:

© Viktor Fertsak


Mag. Nicole Schlaffer ist Chefredakteurin der BURGENLÄNDERIN und liebt es, Menschen und Ereignisse in spannende schriftliche Storys zu verpacken. Sie behält gerne den Überblick und sucht nach Lösungen, nicht nach Problemen. Gutes Essen & Trinken, Bücher und das Kommunizieren mit Men

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